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Anker 1

Tagebuch

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Was wir alles so erleben, versuchen wir immer mal wieder nach ein paar Wochen zusammen zu fassen

01.12.2022 / 36 Stunden Intensiverlebnis Seit über einer Woche sind wir wieder in Las Palmas. Eigentlich sind wir nicht wirklich weg gewesen. Nur mal schnell die Insel runter gesegelt und raufgefahren. Aber diese 36 Stunden haben es in sich gehabt. Wie ich bereits im vorigen Tagebucheintrag geschrieben habe, wollten wir am 20. November mit 150 anderen Booten starten, um den Atlantik zu überqueren. Das hat auch gut geklappt. Der Tag (Sonntag) war sehr windig, die Voraussichten waren im Prinzip gut mit 20 Knoten und teilweise Böen bis zu 25 Knoten auf Höhe des Flughafens Las Palmas. Wir waren an dem Tag nervös und in freudiger Erwartung dieses Events. Als wir um 11.30h aus dem Hafen fuhren, wurden wir von vielen Menschen am Pier beklatscht und mit guten Wünschen eingedeckt. Das war ein sehr emotionaler Moment. Die Startlinie war relativ weit draussen und wir mussten uns so aufstellen, dass wir einen guten Start hinlegen konnten. Fast eine Stunde haben wir mit anderen Schiffen im Hafen hin und her gekreuzt und haben an einem bestimmten Punkt unsere Segel gesetzt. Ein Kriegsschiff wurde extra platziert, um die Startlinie zu signalisieren. Es gab um 12.30h einen Startschuss und wir hatten einen wirklich guten Start. Es waren richtig schöne Segelstunden. Guter Wind, gute Wellen. Es hätte so weiter gehen können, wenn der Wind nicht aufgefrischt auf 30 Knoten und sich dann mit 35-40 Knoten zu einem kleinen Sturm entfacht hätte. Es war sehr rumpelig und uns war phasenweise (kotz)übel. Tagsüber geht das ja noch. Da kann man zum Segel hochschauen und irgendwie reagieren. Denn das Grosssegel muss man zwischen Seilen hoch- und runterlassen. Was nicht so einfach ist bei hohem Wellengang und stürmischem Wind. In der Nacht wird es fast unmöglich, ohne dass man Fehler macht und das Segel beschädigt. Runterlassen geht ja noch. Das haben wir an einem bestimmten Punkt auch gemacht. Nur leider wussten wir nicht, dass man das Seil, welches das Grosssegel hochzieht, am Mast festmachen muss, damit es kein Spiel hat. Das hätte geheissen: Rauf auf den Mast und das Seil festmachen. Nun – bei diesem Wind geht man nicht einfach mal so ein paar Meter hoch auf den Mast. Das ist sehr gefährlich. So konnte das Seil hin- und herschlingern und der Wind hat es fertiggebracht, das Grosssegel ein wenig aus dem Lazy Bag (dort, wo das Segel drinnen ist) zu ziehen. Irgendwann in der Nacht haben wir entdeckt, dass das Segel auf der Seite der Flybridge runterkommt. Das war beängstigend. Auch wenn Nic gesagt hat, dass die Seile halten und es nicht komplett runterkommen kann (also ganz aus dem Lazy Bag), war ich natürlich sehr verunsichert und habe irgendwann das Segel zu halten begonnen (es gibt einfacheres und schöneres). Als dann um 08.00h die Sonne aufging, konnten wir überhaupt sehen, was in der Nacht passiert war. Und haben entdeckt, dass unser Lazy Bag gerrissen war. Das ganze Segel sass irgendwie schräg im Beutel. Wir haben dann das Segel in das 3. Reff hochgezogen, da wir nun wieder sehen konnten und haben dann aber entschieden, dass es für uns zu gefährlich wäre, den Atlantik so zu überqueren. Im Wissen, dass noch 20 Tage vor uns liegen und wir ja keine Ahnung haben, wie die Wettervorhersagen sind (Gestern hatten die Schiffe, die unterwegs sind, z.B. 4m hohe Wellen). Das Wetter wurde immer noch nicht besser und es machte es auch nicht einfacher, dass wir nun die Wellen (ca. 3m hoch, in kurzem Abstand) gegen uns hatten. Wir haben uns von 08.00h morgens bis um 01.30h nachts quasi 16 Std. durch den Wind und die Wellen gekämpft. Als wir dann wieder in Las Palmas angekommen sind, waren wir einfach nur glücklich, den «Event» gut überlebt zu haben. Und komplett erschöpft. Auf diesem Trip sind so einige Dinge kaputt gegangen, nicht nur der Lazy Bag. Wir haben entdeckt, dass die Wellen auch unseren 40kg. Anker weggerissen haben (!). Zudem sind Dekorsachen, wie eine Schale und eine Lampe auf den Boden gefallen und zersprungen. Und auch einige Kratzer von herumfliegenden Gegenständen haben wir in Kauf nehmen müssen. Unserer Makhanee scheint der Trip aber nicht geschadet zu haben – Zum Glück! Wir haben uns relativ schnell die Frage stellen müssen: Wie weiter? Für uns war klar, dass wir Ruhe brauchen. Dass wir uns die Zeit nehmen müssen, uns viel besser auf eine Atlantiküberquerung vorzubereiten. Vor allem ich muss viel mehr Erfahrung haben. Es ist alles auf Nic’s Schultern gelastet. Unsere Freunde haben ihre Sache sehr gut gemacht, aber leider auch keine Segelerfahrung. Im Rückblick naiv, so den Atlantik überqueren zu wollen. Aber wieso haben wir uns so eine Überfahrt bereits antun wollen fragt ihr euch besimmt? Im Mai 2021 hatten wir unser Boot bestellt auf Ende Mai 2022. Unser Plan war, Ende Juni ins Mittelmeer zu stechen, dort die nötige Praxis für mich zu holen, um dann Mitte/Ende Oktober nach Gran Canaria zu segeln. Aufgrund dieser Planung haben wir uns bereits letztes Jahr im November für den ARC angemeldet, da wir wussten, dass dieser immer gut ausgebucht ist und wir unbedingt dabei sein wollten. Nun – meistens kommt es anders, als man denkt.... Durch die ganzen Lieferverzögerungen (COVID, Krieg), war alles komplett verspätet und wir mussten direkt von Lissabon über Gibraltar nach Gran Canaria segeln (Unser Boot haben wir erst am 10. Juli in Empfang genommen, danach sind wir 10 Wochen in Lissabon bei unserem Agenten festgesessen und konnten erst Ende September los Richtung Gibraltar. Dorthin mussten wir aus steuertechnischen Gründen). Wir hatten keine Zeit, zu üben. Zudem sind wir auch Verpflichtungen eingegangen mit diversen Freunden, die wir nicht so leichten Herzens wieder absagen wollten (u.a. auch mit unserer Crew). Wir wollten zu viel in zu kurzer Zeit. Wie geht es uns? Nic war nach dieser anstrengenden Zeit mental ausgelaugt. Ich habe meinen Mann nicht oft so gesehen. Er wollte nach seinem stressigen Arbeitsleben endlich in seine Ruhe kommen. Durch die grosse Verantwortung, die ein Skipper mit eigenem Boot mit sich bringt, war er noch angespannter als zu seiner Zeit im Arbeitsleben. Das war schrecklich mitanzusehen. Auch zwischen uns hat es dadurch enorme Spannungen gegeben. Daher hat er sich entschieden, eine Auszeit von mir und allem zu nehmen und 10 Tage komplett auszuspannen im Allgäu. Es sei ihm gegönnt. In 10 Tagen ist er dann wieder hier bei mir. Ich bin einfach nur froh, hier zu sein auf Gran Canaria. Ich wollte auch nicht weg während der Zeit, in der Nic weg ist. Auch ich hätte irgendwohin reisen können (z.B. in die Schweiz). Aber ich mag unsere Makhanee nicht alleine lassen. Und am Montag starte ich mit einem intensiv Spanischkurs. Ich habe hier alles, was ich brauche. Wir haben uns entschieden, über den Winter hier zu bleiben. Es gibt so viel, das man hier tun kann. Spanisch lernen, Wellen reiten, Wandern gehen, die Stadt erkunden. Und von Zeit zu Zeit aufs Meer, segeln gehen. Uns mehr vertraut mit dem Boot machen. Das Boot reparieren lassen (Lazy Bag, Anker). Leute kennen lernen. Vorstellungen besuchen. Einfach sein und uns treiben lassen. Wir haben alle Zeit der Welt. Wir müssen nicht in 6 Monaten in die Karibik. Das können wir auch noch in 3 Jahren machen. Wir werden im Frühjahr ins Mittelmeer segeln gehen und diese Region besser kennen lernen. Ende gut – alles gut

18.11.2022 / Letzte Vorbereitungen Nun geht es also bald los. Am Sonntag werden wir Las Palmas in Gran Canaria verlassen und Richtung Karibik segeln - nach St. Lucia. Wir machen den ARC mit. Aber was heisst das überhaupt? Der ARC (Atlantic Rally Cruise) ist ein Event welcher seit 30 Jahren durchgeführt wird mit dem Ziel, Segler so sicher wie möglich über die Weltmeere zu begleiten – in dem Fall über den Atlantik. Immer im November treffen sich Segelfreunde in Las Palmas auf Gran Canaria um dann an einem gemeinsamen Tag zu starten. Die Boote sind alle eine Woche vorher hier, denn der ARC organisiert Seminare, Sicherheitstrainings, Sicherheitschecks, gemeinsame Abendessen, Cocktails, Kinderveranstaltungen. Es ist viel los hier. Dieses Jahr machen über 250 Boote mit in zwei verschiedenen Regatten: ARC+ und ARC. Der ARC + fährt in zwei Etappen nach Grenada (über die Kap Verden), insgesamt 3'200 Seemeilen (5'926 KM). Der ARC fährt auf direktem Weg nach St. Lucia. Das sind 2'800 Seemeilen (5'185 KM). ARC+ hat dementsprechend länger und ist vor zwei Wochen mit 93 Booten hier weggegangen. Wir (ARC) sind 150 Boote und der Startschuss ist an diesem Sonntag um 13.00h. Denn – auch wenn es natürlich vor allem darum geht, sicher über den Atlantik zu kommen, ist es auch ein wenig ein Wettbewerb (daher auch Atlantic Rally Cruise). Die ganze Woche wird gebührend gefeiert, so natürlich auch der Start am 20. November. Es kommen immer viele Zuschauer, welche uns mit Winken und guten Wünschen aus der Marina verabschieden. Es wird definitiv ein emotionaler Moment werden, denn wir wissen, dass wir danach auf uns allein gestellt sein werden für die nächsten drei Wochen. Drei Wochen keine Insel in Sicht, nur Wasser wohin das Auge reicht. Nun stehen wir also vor dem grossen Tag. Heute ist Freitag und es gibt noch unglaublich viel zu tun. Daher schreibe ich diesen Eintrag auch um 06.00 Uhr morgens weil es mir einfach auch wichtig war, die letzten Wochen und Tage mit euch zu teilen. Wir sind vor sechs Wochen auf Gran Canaria angekommen. Es ist ein bisschen auch hier Heimat geworden. Las Palmas (die Hauptstadt) ist eine tolle Stadt mit vielen verschiedenen schönen Ecken, die man entdecken kann. Wir waren hier viel mit unseren neuen faltbaren E-Bikes unterwegs. Während dieser Zeit sind wir zweimal besucht worden von guten Freunden. Der letzte Besuch kam am Montag an. Unsere Crew! Unsere Freunde Christina und Beat haben sich vor einem Jahr spontan entschieden, mit uns dieses Abenteuer zu wagen und sich für zwei Monate von der kalten Schweiz verabschiedet. Seither ist natürlich viel passiert aber diesem Plan wurde eisern festgehalten und nun sind sie also hier und wir wahnsinnig froh, sie mit an Bord zu haben. Mich beruhigt es ungemein. Zu wissen, dass wir praktische und pragmatische Menschen an Bord haben, die anpacken können, wenn sie dann müssen. Denn inzwischen wissen auch wir. Im Segelleben kann alles und immer passieren. Du bist der Natur und dem Boot ausgeliefert und kannst einfach hoffen, dass an Bord alles hält (angefangen bei der Elektronik) und dass der Wettergott gnädig mit uns sein wird. Segeln ist noch eines der letzten grossen Abenteuer der Menschheit in dem sonst so oft kontrollierten Alltag. Die letzten Tage waren sehr intensiv. Zeittechnisch, aber auch emotional. Du musst einigermassen intelligent proviantieren, damit du genügend und vor allem gehaltvolle Lebensmittel an Bord hast (und auch sonstige Artikel wie zB. Toilettenpapier, Zahnpasta, ...) Zudem haben wir leider immer noch ein technisches Problem mit dem Radar (ein Nachtsichtgerät). Er geht nicht. Heute soll er ausgetauscht werden. Wir hoffen, dass sie noch ein Gerät an Lager haben. Dann haben wir momentan immer noch kein Internet über den Atlantik (ein anderes Internet als das an Land). Dies brauchen wir, um Wetterdaten herunterladen zu können. Wenn das nicht geht, können wir gar nicht lossegeln. Denn Wetterdaten sind essenziell. Heute gehen wir noch die frischen Lebensmittel einkaufen, wie Obst und Gemüse. Dann werden wir heute Nachmittag nochmals kurz raus aufs Meer fahren, um unser Grossegel zu testen. Denn damit (und der Winsch – das Gerät, welches das Grossegel elektronisch hochfährt) hatten wir auch Probleme. Heute Abend gibt es nochmals zwei verschiedene Cocktail Anlässe und morgen ist dann das Reinigen unserer Makhanee dran sowie ein Puffertag für «last minute Dinge», die es ja auch immer mal wieder gibt. Am Sonntag werden wir es ruhig angehen, denn dann fahren wir ja los. Und diesen Moment wollen wir auch geniessen. Falls ihr mit uns mitsegeln möchtet, könnt ihr das gerne tun: Eine Möglichkeit ist der Vesselfinder (zu finden auf der Homepage unter «Track-Wo sind wir») Eine andere Möglichkeit ist das App «YB Races» herunterladen - Add Races – Atlantic Rally for Cruisers 2022 – ARC 2022 Ich melde mich dann wieder, sobald wir auf der anderen Seite des Atlantiks angekommen sind. Denn wir werden nur Internet haben für das Herunterladen von Wetterdaten, sonst sind wir offline! Aber keine Sorge - auch wenn wir relativ schnell die anderen 149 Boote nicht mehr von blossem Auge sehen können, sind sie doch um uns herum und wir durch die Verbindung mit dem ARC relativ sicher unterwegs. Wir sind untereinander in Kontakt und verbunden.

6.10.2022 / Ooohhhmmmmm..... Während ich diesen Bericht schreibe, sitze ich auf unserer Makhanee, in Fahrt auf dem Atlantik westlich von Marokko, mit Kurs auf die Kanarischen Inseln. Dorthin wollen wir: Nach Teneriffa für eine Woche. Wir treffen unsere Freunde, bevor es nach Gran Canaria geht, wo wir uns auf die Transatlantiküberfahrt am 20. November vorbereiten werden. Es ist Tag 4 auf der Überfahrt und morgen am 7. Oktober 2022 sollten wir ankommen. Obwohl das Wetter gut ist, verhält sich das Meer kabbelig und unruhig und so machen wir wenig. Wir lassen uns hin und her schaukeln, lesen, spielen, schauen auf den nie endenden Horizont und wechseln uns ab mit schlafen und wach sein, denn einer von uns ist immer wach. Aber hier habe ich Zeit, die letzten Monate Revue passieren zu lassen und euch mitzunehmen auf unser Abenteuer. Vor allem die Wochen ihn Lissabon will ich euch näher bringen also die Zeit, seit der wir ein Boot unser Zuhause nennen. Es ist noch nicht lange her, seit wir uns im Mai 2022 von Singapur verabschiedet haben. Dort haben wir 17 Monate gelebt. Im Mai 2021 haben wir uns entschlossen, unseren Traum Wirklichkeit werden zu lassen und unsere Makhanee bestellt. Lieferzeit: 1 Jahr. Wir waren also frohen Mutes, dass wir unser Boot Ende Mai 2022 in Les Sables d’Olonne in Empfang nehmen würden (Produktionsstätte von Lagoon, dem Katamaran-Hersteller).  Am 11. Juli (also 6 Wochen später als ursprünglich geplant) war es dann soweit: Voller Vorfreude auf ein baldiges Lossegeln haben wir unser Boot in Westfrankreich entgegen genommen. Was haben wir für Pläne gehabt für die kommende Zeit: Das Mittelmeer wollten wir besegeln und dann Mitte Oktober zurück Richtung Gibraltar und Kanarische Inseln. Mit was wir zum damaligen Zeitpunkt nicht so richtig gerechnet hatten, waren die langen Lieferverzögerungen durch die weltwirtschaftlichen dramatischen Zuspitzungen der letzten beiden Jahre. Auch wenn wir bereits bei der Lieferung unserer Makhanee 6 Wochen Verspätung hatten, dachten wir allen Ernstes: Das war’s, jetzt geht’s ohne Verspätungen weiter. Wie naiv! Da wir beide noch wenig Katamaran Erfahrung hatten, wurde für die Überfahrt durch die Biscaya von Les Sables d’Olonne nach Lissabon ein erfahrener Skipper engagiert. Das sind 750 Seemeilen und 5 Tage und Nächte auf hoher See. In Lissabon ist unser Vertragspartner. Durch diesen Agenten haben wir unsere Lagoon 46 gekauft. In Lissabon wollten wir sie noch aufhübschen und mit weiteren Verbesserungen ausstatten. Geplant waren dafür zwei Wochen. Wir gingen davon aus, dass wir Ende Juli abfahrbereit wären.  Zudem wurde uns vom Transporteur in Singapur versprochen, dass unser Container, welcher unser Hab und Gut aus Singapur transportierte, Mitte Juli auf unser Schiff geliefert werden sollte. Also perfektes Timing. Wir haben praktisch alle Möbel in Singapur gelassen und nur die notwendigsten und für uns wichtigsten Dinge mitgenommen. Aber auch das waren noch 25 Schachteln. Wir haben kein Zuhause mehr in der Schweiz. Unsere Makhanee ist unser Zuhause mit allen Dingen, die wir noch besitzen.  Die Einfahrt bei Sonnenuntergang in Lissabon, nach so vielen Tagen auf dem Meer, war magisch. Du siehst die bekannte Hängebrücke (ponto do 25 avril) und denkst: Jetzt dann gleich. Und das denkst du ca. 60-90 Minuten lang, bis dass du dann endlich unten durch bist.  Unsere Marina, in welcher wir die nächsten 10 Wochen verbringen durften, ist eine Arbeitsmarina. Das hiess: Lärm, viel Lärm. Vor allem von der Brücke, vom Containerhafen, von der Anflugschneise nach Lissabon und nicht zu vergessen, die vielen Clubs, welchen wir keinen von innen gesehen haben, die aber freundlicherweise um 06.00Uhr die Türe aufmachten, damit wir bis 08.00Uhr auch noch was von der Musik hatten. Die Marina war nicht schön und das Meer schmutzig. Mir tat unsere Makhanee leid, dass sie für so lange Zeit in diesem Schmutz liegen musste. Aber die Marina war auch praktisch. Nahe zur Stadt (4km), so dass wir oftmals in die Stadt gelaufen sind und wieder zurück. Wir sind in der Zeit viel gelaufen. Zudem hatten wir um die Ecke viele tolle Restaurants.  ​ Relativ schnell war klar, dass viele bestellte Produkte gar noch nicht in Lissabon waren. Lieferverzögerungen.... Zum Teil war auch nicht sicher, ob und wann die kommen würden. Und es waren wichtige Sachen, wie z.B. der Generator, ohne den man nicht unbedingt weit reisen möchte. Denn erst mit dem Generator hat man 240 Volt, so dass alle Haushaltsgeräte laufen können (wenn man dann nicht in einer Marina ist und Strom von dort erhält). Irgendwann im Juli (also dann als wir den Container aus Singapur erwarteten), gabs die nächste Hiobsbotschaft, und zwar dass unser Container später käme. Wir hätten mit 2-3 Monaten zu rechnen.  Wir hatten also einige Unsicherheiten in unserem Leben: Wann würden wir tatsächlich lossegeln können?  Kommt alles zur richtigen Zeit? Kommt auch wirklich ALLES? Bei mir kamen Unsicherheiten/Ängste auf in Zusammenhang mit dem Segeln. Nic hat schon viel Erfahrung sammeln können. Er hat den Hochseeschein gemacht und daher schon einige Seemeilen hinter sich gebracht. Ich nicht. Würden wir ohne Schaden ab- und anlegen können? Würden wir das Boot sicher durch die Häfen und über das Meer schippern können? Würde alles auch wirklich funktionieren, wenn wir dann mal losgesegelt sind?  Ich wusste, dass ich da durch musste, da ich das wollte. Aber ich habe mir wirklich fast in die Hosen gemacht. Und so war es mir auch egal, dass wir praktisch nie aus der Marina von Lissabon loszogen. Es war einfach so sicher im Hafen... ​Einmal hatten wir uns dann doch entschieden, ein Wochenende loszudüsen. Wir wollten ankern gehen. Nun, auch das ist wieder eine Geschichte für sich. Nur soviel: Wir haben gefühlt 20x den Anker hoch und runter gelassen in drei verschiedenen Buchten. Alles war uns zu unsicher und leider hat uns vorher auch niemand mitgeteilt, dass die Küste südlich von Lissabon kein Anker-Revier für Katamarane ist sondern nur für kleinere Segelschiffe. Wir haben zwar in einer Bucht übernachtet, jedoch zu nah an einem anderen Segelboot, so dass wir uns um 21.00Uhr kurzfristig entschieden haben, nochmals neu zu ankern. Leider wurde unser Anker von einer sehr alten Bojenkette, welche auf dem Grund lag, gehindert, nach oben zu kommen, so dass wir an der Kette übernachten mussten (also unser 40kg Anker an einer Bojenkette, welche quer über unserem Anker lag....) Wir haben nicht gut geschlafen. Am nächsten Tag haben wir dann die Kette von unserem Anker losmachen können. Die Details erspare ich euch. Es war mühsam und abenteuerlich und wir danach fix und fertig. Nach diesem Wochenende war ich wieder froh, in der sicheren und schmutzigen Marina zu sein. Sie war mittlerweile unser Zuhause geworden. Nochmals raus? Nö, eher nicht. Wir haben während der 10 Wochen in Lissabon auch viel von Portugal gesehen. Wir sind ins Alentejo und Douro Gebiet, nach Porto, Cohimbra, Sintra, um nur einige der Städte zu nennen. Und natürlich Lissabon! Portugal ist ein wunderschönes Land und wir können es wärmstens empfehlen. Irgendwann wurde uns dann auch noch mitgeteilt, dass wenn wir Portugal verlassen (EU-Zone), wir als Schweizer die 19% MWST nicht bezahlen müssten, falls wir das Boot in ein Nicht EU Land ausklarieren (in dem Fall am einfachsten Gibraltar), so dass wir quasi unser Boot ausführen (wie wenn wir in Deutschland shoppen gehen und dann die MWST zurück erhalten). Da wir es aber nicht in die Schweiz einführen, entfällt auch die MWST von 8% in der Schweiz. Wir behalten also die vollumfängliche 19%, die wir nicht bezahlen müssen. Das ist für uns ein Glücksfall, denn mit dem gesparten Geld können wir sehr lange leben. Aber eben, wir mussten von Lissabon nach Gibraltar segeln, bevor wir zu den Kanarischen Inseln gehen würden.  Wir hatten zwei Termine, die nicht verschiebbar waren:  Am 9. Oktober in Teneriffa, denn dort würden wir Freunde treffen und am 20. November die Atlantiküberquerung von Gran Canaria nach St. Lucia. Schlussendlich kam dann der Tag des Abschieds von Lissabon. Es war der 23. September. Alles war nun installiert und unsere Schachteln aus Singapur waren erfreulicherweise bereits Anfang September in Lissabon angekommen.  Unser Ziel: Gibraltar. Wir hatten zwei volle Tage bis dorthin. Im Gepäck unsere beiden neuen Segel, zum einen den Code 0 (ein Leichtsegel), zum anderen ein Parasail. Das sind zustätzliche, tolle Segel. Das Boot ist standard ausgerüstet mit einer Genua (Vorsegel) und mit dem Hauptsegel. Unsere beiden neuen Segel sind nach unseren Vorstellungen mit unserem Logo gemacht worden, also sehr edel und schön. Das Code 0 ist sehr heikel. Es wurde trotzdem montiert (wäre nicht nötig gewesen, haben wir aber nicht gewusst) und wir sind damit losgefahren. Der Parasail hingegen war sicher verstaut in einem der Bugkabinen.  Ich habe bereits mitgeteilt, dass ich ein totaler Neuling bin. Lernfähig und praktisch veranlagt, aber eben – Neuling (und tüchtig und ordentlich!). Also – als wir unsere Fallseile (alle Seile, die man so braucht, um die beiden Segel  -Vor- und Hauptsegel) hoch- und runterzulassen, ordneten, habe ich bemerkt, dass jeweils am Ende ein (Sicherheits-) Knoten in den Seilen war. Da ich eben ordentlich bin, habe ich die Seile entknotet. Ein sehr grosser Fehler!  Wir sind mit dem Vorsegel gesegelt (plus Motor) und ich habe mit Nic zweimal ausprobiert, wie das Segel hoch und runter getan werden muss. Als wir dann am Abend das Segel runterholen wollten, sagte ich zu Nic, dass ich das gerne tun wolle. Gesagt, getan. Mit was ich nicht gerechnet hatte, war mit dem starken Wind (und Wellengang) und so habe ich das Seil losgelassen und da der Knoten nicht mehr am Ende im Seil war, ist es durch die Sicherheit durch und wir hatten vorne ein loses, flatterndes Segel. Nun – bei einem Katamaran sind das keine kleinen Segel. Auch hier erspare ich euch die Details, auf jeden Fall haben wir mit unseren Fahrradhelmen irgendwo vor Sintra (Küste Portugal) versucht, das Segel wieder einzufangen. Stockdunkel, ziemlicher Wellengang mit Wind. Wir haben es nach einer Stunde geschafft und vor Freude fast geheult. Denn die Aktion war nicht ganz ungefährlich. Das Vorsegel konnten wir jedoch nicht mehr einrollen. Nic hat dann später am nächsten Tag herausgefunden, an was es lag, aber bis dann sind wir halt mit dem Segel durch die Nacht gefahren, auch wenn das Segel auf der falschen Seite lag. Was soll’s, es gibt Schlimmeres. Wir hatten 20-30 Knoten Wind am nächsten Tag in der Algarve und das hat dem Code 0 gereicht, sich selbstständig zu öffnen. Da wir dieses Segel nicht sofort einholen konnten, da das Vorsegel davor war, passierte, was passieren musste: Es zerfetzte. Das schöne Segel, noch nie gebraucht, nur mit dem Agenten getestet – komplett kaputt! Auch da erspare ich euch die Details. Es war nicht schön und die Bergung eines Segels von 170qm2 nicht gerade einfach, aber wir haben es geschafft. Wir sind dann am 25. September in Gibraltar eingetroffen. Gesund und munter. Fazit von diesen verschiedenen Abenteuern: Wir sind zu einem super Team zusammengeschweisst und arbeiten wenn es hart auf hart kommt, Hand in Hand.  Wir hoffen natürlich jetzt mal, dass wir genügend Lehrgeld für die kommenden Wochen/Monate/Jahre bezahlt haben und das Abenteuer vor allem geniessen können. Fakt ist: Wir wollen beide immer noch dieses Leben. Das Gefühl, wenn man auf See ist, weit weg von allem, ist unbeschreiblich.   ​

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makhanee – feel the breeze

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